05.10.2021 / Andy Fetherman

Revival des nordamerikanischen Buchmarkts

8,2 Prozent mehr verkaufte gedruckte Bücher im vergangenen Jahr – erfreuliche Zunahme bei neu installierten oder verkauften Softcover-Linien von Müller Martini 2020 und 2021: Der Buchmarkt in den USA weist trotz (oder wegen) der Corona-Pandemie ein erfreuliches Wachstum auf.

Ohne zu übertreiben, kann man den aktuell positiven Trend als Revival des nordamerikanischen Buchmarkts bezeichnen – und zwar nicht nur im Softcover-, sondern auch im Hardcover-Bereich. So sah ich als Teilnehmer an der online abgehaltenen Frühlingskonferenz des Book Manufacturers Institute (BMI), das sich laut eigenen Angaben als einziger Verband der grafischen Industrie in den USA auf den Markt der Buchherstellung konzentriert, ein paar interessante Zahlen. 

23 Prozent mehr Bücher im ersten Quartal 2021
Einer Grafik mit dem Titel "US unit sales of printed books" des NPD BookScan, der 85 Prozent der Buchverkäufe in den USA abdeckt, war zu entnehmen, dass die Zahl der verkauften gedruckten Bücher in den USA von rund 694 Millionen im Jahr 2019 auf rund 750 Millionen im Jahr 2020 stieg. Dies entspricht einer Wachstumsrate von 8,2 Prozent – und dies während der Pandemie! 

Zwar habe ich noch keine neuen Verkaufszahlen bezüglich des Volumens der im laufenden Jahr produzierten Bücher. Doch neulich erfuhr ich von einem Buchproduzenten, dass er im ersten Quartal 2021 gegenüber dem Vorjahr 23 Prozent mehr Bücher hergestellt hat. Und ein anderer Produzent wies seine Werke an, ihre Wartungsarbeiten jetzt durchzuführen, um sich auf zukünftige Volumenanforderungen vorzubereiten. Dies ist zweifellos ein Zeichen der Stärke für den nordamerikanischen Buchmarkt.



E-Books stagnieren
Dass während der Corona-Pandemie viele nordamerikanische Buchdrucker ein markantes Wachstum bei der Produktion von Büchern verzeichnet haben und immer noch verzeichnen, hat primär drei Gründe. Erstens stellen wir generell einen Trend zurück zum Lesen von gedruckten Büchern fest. Zweitens liest die junge Generation wieder mehr, was zu einem Aufschwung bei Jugendbüchern geführt hat und langfristig Gutes für den Buchmarkt verheisst. Drittens haben insbesondere auch die Volumina im Book-on-Demand-Segment stark zugenommen. 

Dass wieder mehr Amerikaner gedruckte Bücher kaufen, hat auch damit zu tun, dass diese nicht von E-Books verdrängt werden. So besagt ein aktueller Bericht von NPD BookScan, dass sich der Anteil an E-Books an den gesamten Buchveröffentlichungen bei 20 Prozent eingependelt hat und in jüngerer Zeit nicht mehr angestiegen ist. Dies ist ein wesentlicher Grund, warum die Verlage in der kommenden Herbstsaison mit mehr gedruckten Büchern rechnen und bei den Buchbindern höhere Produktionskapazitäten nachfragen.

Gefragt sind für Bücher Offset- und Digitaldruck-Kapazitäten
Den grössten Zuwachs im Softcover-Bereich verzeichnen wir in den USA bei Belletristik-Büchern und in der digitalen Buchproduktion. Deshalb prüfen viele Hersteller, wie sie ihre Anlagen modifizieren können, um die Produktion von digital gedruckten Büchern auf den neusten Stand zu bringen. Da der Digitaldruck zunehmend an Bedeutung gewinnt, bestehen viele Verlage darauf, dass ihre Druckpartner sowohl über Offset- als auch über Digitaldruck-Kapazitäten verfügen, damit sie ihre Produktionsanforderungen aus einer Hand erfüllen können. Deshalb steigen reine Digitaldrucker nun auch in Offset ein – entweder durch Akquisitionen oder durch Investitionen in neue Anlagen. Und umgekehrt erweitern Offsetdruckereien ihre digitalen Kapazitäten.

Ein Teil des gestiegenen Volumens ist auch das Ergebnis der Rückverlagerung der Buchproduktion in die USA. Dass die Buchherstellung in die USA zurückkehrt, hat verschiedene finanzielle und politische Gründe. So präferieren einige religiöse Verlage nun wieder die Produktion im Heimmarkt. Auch vierfarbige Hardcover-Bücher (beispielsweise Kochbücher) wandern zurück in die USA. Nach wie vor gibt es jedoch eine rund 40-prozentige Kostenersparnis bei der Produktion in China, so dass die hiesigen Verlage mehr bezahlen müssen, wenn sie die Produktion zurück in die USA verlagern.

Erfreuliche Zunahme bei neuen Müller Martini-Klebebindern 2020 und 2021
Diese positive Entwicklung hat auch erfreuliche Auswirkungen auf die Zahl neuinstallierter Müller Martini-Systeme in den USA. 2020 und 2021 haben wir erfreulich viele Klebebindelinien installiert oder verkauft – bunt gemischt zwischen unseren beliebten Produkten Pantera, Alegro, KM 610 und KM 412. Zwar befanden sich darunter keine Neukunden, doch einige von ihnen hatten bisher noch nie eine neue Maschine bei uns gekauft. Dieses verstärkte Interesse am Kauf neuer Maschinen mit modernster Technologie und damit auch mit einem höheren Investitionsniveau zeigt das Vertrauen unserer Kunden in die Stärke des nordamerikanischen Buchmarkts.

Bei den meisten Aufträgen in jüngerer Zeit handelt es sich entweder um den Ersatz von älteren, veralteten Maschinen oder um einen Maschinenkauf zur Kapazitätserweiterung wegen der wachsenden Buchproduktion. Eine Ausnahme war jener traditionelle digitale Buchhersteller, der eine neue Alegro-Linie kaufte, um seinen Betrieb mit Offset-Finishing-Features zu erweitern. Dies unterstützt meine oben gemachte Aussage, dass Verleger darauf bestehen, dass ihre Druckpartner sowohl Offset- als auch digitale Systeme unter einem Dach haben.

Von Secondhand zur Neumaschine
Ein Projekt war aus Sicht des Verkaufsprozesses besonders interessant. Einer der Alegro-Aufträge, die wir im vergangenen März erhalten haben, begann als ein Projekt, von dem wir dachten, dass es sehr schwierig sei, es abzuschliessen. Unsere Serviceabteilung wurde zunächst zu diesem Kunden gerufen, um ihm bei der Wartung einer gebrauchten, auf dem Secondhand-Markt gekauften Bolero-Linie zu helfen, die er Anfang 2020 installiert hatte. Nachdem sie versucht hatten, ihm mit mehreren Serviceeinsätzen zu helfen, wurde ihnen letztlich klar, dass die Linie möglicherweise nie richtig laufen würde. 

Der Kunde bat uns deshalb, vorbeizukommen und über einen neuen Klebebinder zu sprechen. Er machte uns klar, dass er viel Geld für den gebrauchten Bolero ausgegeben hatte und dass die Investitionssumme begrenzt war. Dennoch warben wir hartnäckig für alle Vorteile einer neuen Alegro-Linie und – was noch wichtiger war – für die Vorteile des Direktkaufs bei Müller Martini. Am Ende erkannte der Kunde, dass der Kauf der neuen Klebebinderlinie für in der beste Weg in die Zukunft ist, um Stabilität und Sicherheit für seine Wachstumsinitiative in der Buchherstellung zu schaffen. Nennen wir es einen Sieg für «your strong partner»!

Der Alegro ist besonders beliebt
Stichwort Alegro: Die Hälfte der in den vergangenen zwei Jahren installierten oder verkauften (und bald installierten) und alle vier grösseren Softcover-Anlagen des laufenden Jahres entfielen auf diesen Klebebinder-Typ. Dass der Alegro so beliebt ist, liegt hauptsächlich an seinem hohen Automatisierungsgrad und an seiner Modularität. Einigen Kunden gefiel auch seine künftige Skalierbarkeit – will heissen: Sie können den Alegro mit unserem Modul für die getaktete Buchblock-Zuführung um Funktionen für die digitale Buchherstellung erweitern, während andere die durchgängige Automatisierung der gesamten Linie schätzten.

Neben den offensichtlichen Vorteilen unserer marktführenden Technologie macht auch die umfassende Vertriebs-, Service- und Ersatzteilunterstützung durch unsere nordamerikanische Niederlassung vielen Kunden die Entscheidung zugunsten von Müller Martini leicht.

Zusammen mit unseren Kunden freuen wir uns auf ein weiteres Wachstum in diesem wichtigen Segment unseres Geschäfts.

Ihr
Andy Fetherman,
Vice President of Sales and Technology Müller Martini Nordamerika