23.06.2020 / Frank Baier

Werbeträchtige Schutzmasken

Meiner Wahrnehmung zufolge erstaunt es die meisten Menschen gerade bei uns in Europa, dass Gesichts-Schutzmasken in der Öffentlichkeit seit diesem Frühjahr zum Alltag gehören. Keine Frage: Niemand hätte bis vor wenigen Wochen damit gerechnet, dass medizinische Gesichtsvisiere aus transparentem Plexiglas-Kunststoff sowie Mehrweg- oder Einmal-Mund- und Nasenschutz aus Textilgewebe oder Vliesstoff stark nachgefragt sind. 

Oder doch? Sobald sich ein Dienstleister beispielsweise mit Plastikteile-Fertigung und 3D-Technologie, mit Textilherstellung und Druckproduktion, mit Papierverarbeitung und Konfektionierung beschäftigt, zählt er schnell zu den Akteuren bei der Fertigung derartiger Hauben. Sicher stellt sich eine berechtigte Frage: Handelt es dabei sich um zwangsläufige Lösungen zur Existenzsicherung des Unternehmens, uneigennützige Tätigkeiten zur Gesunderhaltung der Gesellschaft oder schlichtweg um eine originelle Geschäftsidee in Corona-Zeiten? 

«Systemrelevante» Schutzprodukte
Derzeit möchten Material-Zulieferer als auch Print-Dienstleister mit der Fertigung solcher «systemrelevanter» Schutzprodukte nach eigenem Bekunden ihren Beitrag für eine solide Gesundheitsvorsorge leisten und zudem soziales Engagement unter Beweis stellen. Einige Beispiele seien stellvertretend genannt.

Momentan sind im Fachhandelshaus Carl Berberich Gesichtsvisiere aus transparentem Recycling-Polyethylenterephtalat-Glycol (PETG) im Programm. Das Unternehmen Mehring fällt mit Filtering Face Piece (FFP 2)-Filtermasken ähnlichen Einweg-Schutzmasken mit Ventil oder ohne Ventil auf. Und beim Fachhandelshaus Sprintis kann man verschiedene Konfektionierartikel wie elastische Spezialbänder und Gummibänder, Nasenbügel und Gesichtsschilder ordern. 

Individualisierte Druckerzeugnisse
Gerade Print-Dienstleister können mit individualisierten Druckprodukten deutlich punkten. Der Online-Provider Saxoprint, eine Tochtergesellschaft der CEWE-Gruppe, offeriert sowohl PET-/Karton-Gesichtsvisiere als auch Karton-Gesichtsmasken. Vogel Druck und Medienservice, wie CEWE ein Müller Martini-Kunde, gehört zur Bertelsmann Printing Group und bietet derzeit unter dem Begriff «stay safe» Faltmasken aus 100 Prozent Karton. Natürlich lassen sich die einfach konstruierten Schutzprodukte – jedoch gelten sie nicht als persönliche Schutzausrüstung und haben nichts im medizinischen Bereich zu suchen – auf Kundenwunsch beliebig gestalten und individuell bedrucken. 

Mehrere Materiallieferanten betonen auf Anfrage, sie seien gut bevorratet und durchgehend lieferfähig. Gleichwohl haben gerade die im Bereich Commercial-Print aktiven Dienstleister ungenutzte Kapazitäten. Jedoch schwanke die Nachfrage je nach Bedarf, denn es gibt viele Schutzmasken-Anbieter, und deshalb gehe die Nachfrage zwischenzeitlich sogar deutlich zurück. Könnten diese Schutzprodukte für Fachgrosshandel und Dienstleister tatsächlich ein lukratives Geschäft bleiben? 

Schutzmasken sind Werbeträger 
Besonders der in öffentlichen Räumlichkeiten und Verkehrsmitteln in zahlreichen Ländern vorgeschriebene Mund- und Nasenschutz wird uns einige Zeit begleiten. Auch wenn man die Situation auch ernstnehmen muss: Schutzmasken sind Werbeträger. Zukünftig werden wir von Terminen anstelle von Kugelschreibern und Schreibblöcken wohl personalisierte Einweg-Schutzmasken mit Werbeaufdruck des Gastgebers mitnehmen. Die plausible Frage lautet nur: Sind wir bereit, derartige Werbemasken wirklich aufsetzen?

Ihr 
Frank Baier
Chefredakteur «Bindereport»