Der beste Weg, um aus einem neuen Kunden einen treuen Kunden zu machen, führt in den meisten Fällen nach wie vor über Print. Experten und Studienergebnisse bestätigen: Wenn man dem Konsumenten die Informationen direkt in die Hand legt, stärkt dies die Markenbindung.
Gedruckte «Direct Mailings» gehören nur noch selten zu den unverzichtbaren Elementen in der Konzeption und Planung von Kampagnen. Marketingentscheider setzen bei der direkten Kundenansprache sehr oft auf Online-Kanäle, was eigentlich nicht nachvollziehbar ist, denn gerade gedruckte Direct Mailings erzielen einen deutlich höheren ROMI (Return on Marketing Investment) gegenüber ihren digitalen Wegbegleitern.
Das wurde auch bei einer Veranstaltung mit dem Titel «The Ultimate Direct Mail Workshop» im Juni 2024 in London deutlich. Dort erklärte unter anderem Lauren Mason, Marketingleiterin der Modemarken Live Unlimited und Ro&Zo, warum das Unternehmen vor zwölf Monaten begann, auf Direct Mailings zu setzen: «Da wir bisher nur auf digitalen Kanälen präsent waren, haben wir einen Weg gesucht, um unsere Marken für unsere Kunden im wahrsten Sinne des Wortes greifbar zu machen und gleichzeitig unsere Wertschätzung für sie zum Ausdruck zu bringen».
Anfangs habe man zwar Angst vor den Kosten gehabt, berichtete Mason, aber schon die ersten Testläufe lieferten sehr positive Ergebnisse. «Bei Live Unlimited konnten wir den durchschnittlichen Bestellwert erhöhen und auch die Wiederbestellrate steigern», betonte Mason. Und die Ergebnisse für Ro&Zo seien noch besser ausgefallen. «Gerade die Kosten für die Neukunden-Akquisition sind im Vergleich zu den digitalen Kanälen geringer», versicherte die Marketingleiterin.
Aktivierungspotenzial
Warum Print im Vergleich mit digitalen Werbeformen Kunden besser aktivieren kann, erklärt Olaf Hartmann, Experte für haptische Markenkommunikation, mit Erkenntnissen aus der Gehirnforschung. Diese würden belegen, dass Informationen, die zusammen mit haptischen Reizen wahrgenommen werden, tiefer verarbeitet und besser erinnert werden. Sie würden mehr Handlungsbereitschaft erzeugen. «Haptische Werbeformen lösen physiologisch eine höhere Aktivierung aus, und das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil.»
Neben der aktivierenden Kraft sei auch die Glaubwürdigkeit eine Stärke von Print, betont Hartmann. In einer digitalen Welt, in der Fake News und Informationsüberflutung überhandnehmen, habe die Vertrauenswürdigkeit von Marken einen hohen Stellenwert. «Die Rolle von Print in einer zunehmend digitalen Welt liegt auf der einen Seite am oberen Ende der Qualitätsskala, wo es um Wertigkeit geht, auf der anderen Seite dort, wo eine höhere Preis- und Kaufbereitschaft erzielt werden soll. Aber auch in der Performance-Kommunikation haben Printprodukte gegenüber digitalen Medien einen ganz grossen Vorteil: Sie sind nicht wegklickbar. Und wenn man sich ihnen zuwendet, tut man dies ganz bewusst.»
Bleibender Eindruck
Laut CMC Print-Mailing-Studie 2023 erweisen sich Print-Mailings in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten als wirksames Werbemittel und als zuverlässige Umsatzbringer. 73 Prozent der Befragten geben an, physische Post als persönlicher und authentischer zu empfinden als digitale Kommunikation. «Dieser emotionale Aspekt schafft Vertrauen und weckt das Interesse potenzieller Kunden», kommentiert der One-to-One-Marketing-Spezialist der O/D Group, Max Spies, das Ergebnis. Zudem könnten personalisierte Inhalte und hochwertiges Design die Aufmerksamkeit der Empfänger steigern und einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
In Bezug auf Werbebriefe, die an die Bestandskundschaft von Online-Shops gerichtet sind, besagt die CMC-Studie, dass sie mit einer durchschnittlichen Conversion Rate (CVR) von 5,4 Prozent ein zuverlässiger Response-Bringer sind und der Einsatz von Responseverstärkern (aufgedruckter Gutschein, Rubbel-Etikett, QR-Code, beigelegter Gutschein aus Papier) die CVR um bis zu 33 Prozent steigert. Des Weiteren würde etwa jeder fünfte Bestandskunde nach der Lektüre des Print-Mailings den beworbenen Online-Shop besuchen. Und schliesslich brächte bei einem durchschnittlichen Warenkorbwert von 82 Euro (vor Retoure) jeder für das Print-Mailing eingesetzte Euro 9,01 Euro Umsatz, was einem Return on Advertising Spending (RoAS) von 901 Prozent entspricht.
Im Direktmarketing-Guide «Print-Mailings» der Deutschen Post wird nicht nur erklärt, worauf man bei der Planung, Konzeption und Umsetzung von wirksamen Werbebriefen achten muss, es werden auch einige Best-Practice-Beispiele vorgestellt und Expertenmeinungen präsentiert. So empfiehlt etwa Torsten Spandl, Professor für Marketing und Vertrieb an der FHDW in Hannover, Print-Mailings für den Markenaufbau und als Markenfestigungs- sowie als Erinnerungsmedium: «Wer drei- bis viermal mit einem Print-Mailing angesprochen wird, wird auch auf weitere Anstösse in der Customer Journey besser reagieren. Spannend sind sie auch in Hinblick auf die Conversion Rate: Im Digitalen ist sie um ein Vielfaches geringer; kein Wunder bei der durch inflationär ausgestreute Newsletter, Social Media Posts, Banner und Co. verursachten Informationsflut». Ausserdem erhalte das Print-Mailing mehr Beachtung als eine Werbenachricht, die auf dem Smartphone im Gehen nur flüchtig wahrgenommen wird. Es bleibe noch lange im Haushalt präsent, auch weil die beigelegten Gutscheine oder Codes oft erst nach Wochen eingelöst würden.
Das Beste aus beiden Welten
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in Bezug auf Kundenbindung das Aktivierungspotenzial von Print jenem der digitalen Kanäle überlegen ist. Die Haptik macht auch hier den Unterschied, wobei Olaf Hartmann den optimalen Weg der Nutzung so skizziert: «Wenn man dieses Aktivierungspotenzial nutzt, um mit dem Anstossimpuls von Print die Zielgruppe in den digitalen Bereich zu führen, wo mit audiovisuellen Inhalten eine Informationsvertiefung stattfinden kann, bekommt man das Beste aus beiden Welten».
Ihr
Knud Wassermann,
Chefredaktor «Graphische Revue»