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25.05.2021 / Blog-Redaktion

Mehr Frauen in Führungspositionen würden unserer Branche guttun

Müller Martini ist nicht nur ein traditionelles Familienunternehmen. Seit Jahrzehnten arbeiten auch immer wieder Mitglieder der gleichen Familie beim Schweizer Maschinenhersteller. Zum Teil über Generationen hinweg – wie beispielsweise Vater Hans Leuenberger (63), Regionalleiter Deutschland/Schweiz/Direktmärkte, und Tochter Christa Leuenberger (35), Leiterin Human Resources.
 
Dass die beiden heute bei der gleichen Firma beschäftigt sind, bezeichnen sie zwar als Zufall. Ebenso dass sie früher beide für Ringier/Swissprinters, einen international bekannten grafischen Betrieb mit eigenem Verlag und wie Müller Martini mit Hauptsitz in Zofingen in der Schweiz, gearbeitet haben. Trotzdem: Die Printindustrie haben sie quasi im Blut. Denn schon Hans Leuenbergers Grossvater und Vater arbeiteten als Drucker bei Ringier. Und sein Sohn machte bei Müller Martini eine Lehre als Polymechaniker.
 
40 Jahre bei Müller Martini
In die grafische Branche fand Hans Leuenberger selber allerdings über Umwege. Er erlernte den Beruf eines Fernmelde-, Elektro- und Apparatemonteurs (FEAM), machte dann diverse Weiterbildungen und wurde Servicetechniker. Seine Tochter wiederum fand den Weg zur HR-Leiterin über eine Lehre als Kauffrau, gefolgt von diversen Weiterbildungen.
 
Im kommenden Herbst sind es 40 Jahre her, seit Hans Leuenberger seine Karriere bei Müller Martini begonnen hat – und er möchte keinen einzigen Tag missen. «Müller Martini ist ein spannendes Unternehmen mit einer hohen Innovationskraft. Ich hatte die Möglichkeit, immer wieder neue Aufgaben und Funktionen wahrzunehmen und erachte meine berufliche Laufbahn in einem regional verankerten und international tätigen Unternehmen als äusserst abwechslungsreich und ausfüllend. Für mich hat es – wie man so schön sagt – immer gepasst.»
 
270'000 sammelgeheftete Produkte – pro Stunde!
Als besonders spannend empfand er die Zeiten, als die grafische Industrie noch Hochleistungsmaschinen wie den Sammelhefter Supra mit 30'000 Takten pro Stunde oder Stangenbilder wie den Maximo, der 1,2 Meter lange Signaturenstangen innerhalb von 20 Sekunden herstellte, verlangte. «Das war schon einmalig. Das grösste Projekt, das ich planen durfte, war bei der Firma Bauer in Polen. Dort platzierten wir neun Supra und drei Stangenbildner Avanti und zahlreiche PrintRoll-Aggregate in einer Halle. Man stelle sich das vor: Das bedeutete eine Sammelheft-Kapazität von 270’000 Takten pro Stunde – heutzutage unvorstellbar!»
 
Die von Müller Martini auf den Markt gebrachten Anlagen und Maschinen haben laut Hans Leuenberger stets in die jeweils aktuelle Zeit gepasst. «Waren es früher mehr Systeme, um grosse Volumen in kürzester Zeit zu fertigen, so sind es heute Lösungen für die Book-of-One-Produktion, wo wir mit unserer Finishing 4.0-Philiosophie und den smarten Maschinen dazu führend und einzigartig sind.»
 
Was noch fehlt? – die eierlegende Wollmilchsau!
Und welche Maschine, die es noch nicht gibt, sollte Müller Martini unbedingt noch erfinden? «Die Maschine, die sehr niedrige Herstellkosten hat, am Markt äusserst viel einbringt und dazu noch alles kann – kurz gesagt eine eierlegende Wollmilchsau. Doch Spass beiseite: Jede noch zu erfindende Maschine muss den zu ihrer Zeit aktuellen Marktanforderungen, aber auch den zukünftigen Kundenbedürfnissen entsprechen. Unsere Kunden müssen mit diesen Systemen Gewinn erwirtschaften können. Und sie müssen einfach zu bedienen sein. Denn auch unsere Kunden kämpfen mit Fachpersonalmangel. Ich bin überzeugt, dass wir diesbezüglich gut unterwegs sind, weil unser Unternehmen immer rechtzeitig die Anforderungen seiner Kunden erkannt hat. Ich blicke deshalb für Müller Martini optimistisch in die Zukunft.»
 
Weniger angenehm waren hingegen die notwendigen Anpassungen des Unternehmens an die sich wandelnde Marktsituation. «Veränderungen lösen auch immer viele Emotionen aus – nicht stets nur positive. Und es betrifft immer Menschen, Kollegen, Mitarbeitende.»
 
Heute gefragt: massgeschneiderte Herstellung von Printprodukten
Herbeigeführt wurde dieser Wandel natürlich in erster Linie durch die neuen digitalen Medien. «Sie haben zu Veränderungen geführt, die wir in unserem eigenen privaten Umfeld und Verhalten tagtäglich feststellen.» Digitaler Wandel für die grafische Branche heisst laut Hans Leuenberger: «Weg von der Massenfertigung – hin zu einer massgeschneiderten Herstellung von Printprodukten.»
 
So kann man bei grossen Online-Händlern heute ein Buch bestellen und hat es morgen im Briefkasten. «Das bedeutet: Der zu fertigende Auftrag besteht aus einem Stück. Das heisst für unsere Kunden aber auch: Wenn ein Stück Makulatur ist, hat der Auftrag 100 Prozent Ausschuss. Das stellt grosse Anforderungen an unsere Systeme, damit unsere Kunden erfolgreich wirtschaften können.»
 
Es wird immer Printprodukte geben
Viele grafische Unternehmen haben die Zeichen der Zeit rechtzeitig erkannt und die nötigen in die Zukunft gerichteten Entscheide getroffen. Hans Leuenberger sieht deshalb die Zukunft der grafischen Branche im Allgemeinen und von Printprodukten im Besonderen positiv. «Wie das Printprodukt in der Zukunft aussehen wird, ist schwierig zu sagen. Vielleicht muss es gewisse Sehnsüchte nach mehr Entschleunigung und Erholung, nach einer Auszeit vom zunehmend technologiegetriebenen Alltag bieten. Aber ich bin überzeugt: Es wird immer Printprodukte geben, die jedoch zur jeweiligen Zeit passen müssen.» Druckereien und Buchbindereien rät er deshalb, die Hausaufgaben rechtzeitig zu machen – «sonst fährt der Zug aus dem Bahnhof, und sie stehen noch auf dem Bahnsteig.»
 
Positive und negative Folgen der Corona-Pandemie
Wie für viele andere Akteure in unserer Branche standen auch für Hans Leuenberger die letzten 16 Monate ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Doch er sieht nicht nur negative, sondern durchaus auch positive Einflüsse der aktuellen Krise. «Positiv ist die grössere Nachfrage nach Lesestoff – wie auch unsere Verkaufserfolge im Klebebinder-Bereich belegen. Die Leute haben aktuell mehr Zeit, sich dem Lesen zu widmen. Negativ ist insbesondere die sinkende Nachfrage nach Werbebeilagen, weil beispielsweise in Deutschland die grossen Fachmärkte wochenlang geschlossen waren. Das hat natürlich Auswirkungen auf unsere Kunden – Stichwort Wochenzeitungen – und deshalb auch auf Müller Martini. Schwierig ist ausserdem die Situation mit den eingeschränkten internationalen Reisemöglichkeiten für unser Servicepersonal und Vertriebsteam – aber auch für unsere Kunden, die uns nicht wie gewünscht besuchen können, um beispielsweise Demos von Anlagen zu besuchen.
 
In seinem Aufgabenbereich beeinträchtige die Corona-Krise vor allem die Reisetätigkeit des Verkaufs-Teams. «Von heute auf morgen mussten Maschinen-Demos, Verkaufsmeetings und Verhandlungen per Skype, Teams oder Zoom durchgeführt werden. Aber es hat sehr schnell recht gut funktioniert. Ich gehe davon aus, dass viel von dieser Arbeitsweise nach der Corona-Krise bleiben wird.»
 
Natürlich kommuniziert nun auch Hans Leuenberger häufig über Skype oder andere elektronische Kanäle – und spart damit seinem Arbeitgeber Reisekosten. «Aber bei grösseren Projekten ist es wesentlich effizienter, wenn das gesamte Team an einem Tisch sitzt. Als Frontmann bevorzuge ich ohnehin das persönliche Gespräch, weil man das Gegenüber besser spüren kann als am Bildschirm.»
 
Der nächste drupa-Besuch als Pensionär
Deshalb bedauerte er es auch ausserordentlich, dass die drupa 2020 abgesagt wurde. Schon sieben Mal war er auf der bedeutendsten Messe der grafischen Industrie in Düsseldorf – zwei Mal für Ringier, fünf Mal für Müller Martini. «Die drupa ist wichtig für Lieferanten wie auch für Kunden. Sie wirkt wie ein Schaufenster, und es ist ein Präsentieren ebenso wie auch ein Konsumieren von Information. Aus meiner Sicht ist es wie ein Bring- und Holprinzip. Ob allerdings die drupa in altbekannter Form nach der Corona-Krise weitergeführt wird, bezweifle ich. Da bin ich gespannt. Vielleicht schaue ich dann mal als Pensionär vorbei...»
 
Eine virtuelle drupa kann die richtige Messe seiner Ansicht nach nie ersetzen. «Die Hersteller wollen nicht nur Maschinen, sondern (für grafische Betriebe ebenso wie für Agenturen) auch neue Geschäftsmodelle zeigen – wie dies Müller Martini 2016 mit seinen auf grosse Resonanz gestossenen Finishing 4.0-Lösungen getan hat. Damit unterstreichen wir, dass unsere Branche lebt. Und die vielen persönlichen Kontakte auf einer Messe darf man nicht unterschätzen. Für einen Verkäufer ist es wichtig, wenn er viele Leute kennt – obwohl für den Abschluss eines Geschäfts letztlich die Wirtschaftlichkeit entscheidender ist als persönliche Kontakte.»
 
Es war einfach geil
Der ehemalige Gemeindeammann der aargauischen Gemeinde Bottenwil, ehemaliger Verwaltungsrat der Spital Zofingen AG und seit nahezu drei Jahrzehnten aktive Jäger ist deshalb etwas traurig, dass die letzte drupa seiner beruflichen Laufbahn abgesagt worden ist. «Die drupa 2016 war aus meiner Sicht die beste Messe, auf der ich Müller Martini vertreten durfte. Wir haben eine perfekte Präsentation unseres Unternehmens und unserer Leistungsfähigkeit abgegeben. Die Kunden waren begeistert, und diese Begeisterung hat sich auf das gesamt Müller Martini-Team übertragen. Es war einfach geil – wie junge Leute heutzutage wohl sagen würden.»
 
Home-Office, Kurzarbeit, Frühpensionierungen
Im Vergleich zu den bald 40 Jahren ihres Vaters ist die seit September 2020 bei Müller Martini arbeitende Christa Leuenberger fast noch ein «Rookie». Speziell war der Antritt ihrer neuen Stelle als Leiterin Human Resources, fiel dieser doch mitten in die Corona-Pandemie.
 
Statt business as usual standen für die Personalabteilung plötzlich herausfordernde Themen wie Home-Office, Kurzarbeit und Frühpensionierungen im Vordergrund. «Viele dieser Themen lösen Emotionen aus. Da muss man ein gewisses Sensorium haben und rechtzeitig mit den einzelnen Mitarbeitenden und den Teams das Gespräch zu suchen.»
 
Laut Christa Leuenberger ist Müller Martini als Unternehmen heute gegenüber neuen Arbeitsformen flexibler und offener. «Für Vorgesetzte ist der Job allerdings fordernder geworden. Und die Interaktion unter den Mitarbeitenden fehlt merklich.» Und was wird von Corona zurückbleiben? «Vermutlich werden einige neue Gewohnheiten wie Home-Office oder virtuelle Meetings zur Verminderung von Reisetätigkeiten bleiben. Trotzdem glaube ich aber auch, dass wir teilweise in alte Verhaltensmuster zurückfallen werden. Jedenfalls bin ich gespannt, was die Zeit bringen wird.»
 
Ein HR-Team mit lauter Frauen
Christa Leuenberger ist Personalerin mit Leib und Seele. Dass sie nun in einem internationalen Unternehmen arbeitet, macht ihren Job zusätzlich interessant. «Ich komme mit Themen in Berührung, die mir bisher nicht bekannt waren. Denn es gilt, unsere Mitarbeitenden, die weltweit im Einsatz sind, optimal zu unterstützen. Nur so können diese ihren Job kundenorientiert ausführen und damit unser Unternehmen optimal repräsentieren. Schade finde ich allerdings, dass es Mitarbeitende geben wird, die ich kaum persönlich kennenlernen kann, die oft unterwegs sind und die mir deshalb nur mit Namen bekannt sind.»
 
Die Personalabteilung von Müller Martini setzt sich aus vier Mitarbeiterinnen zusammen – die Frauen sind also unter sich. «Der Frauenanteil in HR-Teams ist generell hoch – nicht nur in den Leitungspositionen. Ich vermute, dies liegt an den Softskills-Themen und am Umgang mit Menschen – ähnlich wie in Berufen im Sozialwesen, dort ist der Frauenanteil ja auch einiges höher.»
 
Familienunternehmen machen es vor
Ansonsten gilt die grafische Industrie – Müller Martini inklusive – jedoch eher als Männerbastion, in der Frauen weniger in Führungspositionen, dafür aber umso mehr in der Vorstufe und als Anlegerinnen von Bogen zum Einsatz kommen. Das hat laut Christa Leuenberger, die in der Müller Martini-Welt die höchste Frauenposition innehat, mehrere Gründe. «Junge Frauen entscheiden sich selten für einen technischen Beruf. Dieser würde aber eine gute Basis bilden, um mit den entsprechenden Weiterbildungen später in Führungspositionen in der grafischen Branche tätig zu sein. Ein gutes Beispiel sind Familienunternehmen, in denen nicht selten auch Frauen an der Firmenspitze stehen – wie etwa Marina Bucher, Mitglied der Geschäftsleitung der Schär Druckverarbeitung AG in Wikon, die dazu neulich auf der Müller Martini-Website einen interessanten Blog schrieb.»
 
Ein Mangel ist laut Christa Leuenberger auch, «dass leider nur wenige Unternehmen auch wirklich die Offenheit und Flexibilität vorleben und Teilzeitpensen in Führungspositionen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie anzubieten. Wir bei Müller Martini haben diese Offenheit. Wir nehmen Rücksicht auf die Familien unserer Mitarbeitenden, bieten Aus- und Weiterbildungen an. Wir haben diese Offenheit und sind laufend daran, unsere Teilzeit-Angebote auszubauen. Das passt ins familiäre Umfeld unserer Firma, in der wir den Mitarbeitenden ein hohes Vertrauen übertragen.» Von Frauenquoten als fixe Vorgabe hält sie allerdings wenig: «Das wirkt wie eine Alibi-Übung und nagt an der Glaubwürdigkeit eines Managements.»
 
Zwei Bücher-Würmer
Die fehlende Affinität von Frauen zur Technik bringt auch ihr Vater ins Gespräch: «Der Einstieg in die Druckindustrie erfolgt ja oft über ein Ingenieurstudium. Und dafür interessieren sich leider nur wenige Frauen. Ich finde das schade, denn es würde der grafischen Branche gut tun, wenn mehr Frauen in Führungspositionen vertreten wären.»
 
Stichwort Gespräch: Wenn sich Christa und Hans Leuenberger privat treffen, wird kaum über das Geschäft gesprochen. «Wir reden generell nicht über Job-Interna.» Deshalb gibt es auch keine Friktionen, weil sie die HR-Chefin ist. Etwas allerdings wird Christa Leuenberger nächstens doch mal ansprechen, wie sie mit einer Portion Schalk anfügt: «Ich werde meinem Vater die Renten-Thematik näher bringen…»
 
Obligate Abschlussfrage: Wie halten es die beiden mit Print? «Meine Frau und ich haben zwei Zeitungen und eine Zeitschrift abonniert», sagt Hans Leuenberger. «Zudem lesen wir zu Hause viele Bücher und Fachmagazine. Online-Medien nutze ich vor allem, um schnell zu den neusten Sportnachrichten zu kommen.» Auch seine Tochter bezeichnet sich als «Bücher-Wurm – und das ausschliesslich in gedruckter Form. Zudem bin ich eine gute Kiosk-Kundin für diverse Magazine und Zeitschriften.»
 
Ihre
Christa Leuenberger, Leiterin Human Resources Müller Martini
Hans Leuenberger, Regionalleiter Deutschland/Schweiz/Direktmärkte Müller Martini