«Gedruckte Produkte wieder sexy machen»

Rafi Albo verknüpft seit Jahren auf attraktive Art und Weise Druckprodukte mit elektronischen Medien. «Augmented, Virtual und Mixed Reality wird die Nachfrage nach Print und damit auch die Verdienstmöglichkeiten von Druckern vergrössern», ist der CEO der auf innovative Applikationen in der ganzen Welt spezialisierten Firma SEGMARKETING überzeugt.

«Panorama» traf den 45-jährigen Israeli in seiner Heimatstadt Tel Aviv und sprach mit ihm über die vielfältigen Kombinations-Möglichkeiten von Print und Online.

«Panorama»: Sie wurden mal als «Globaler Guru des vernetzten 1:1-Marketings» bezeichnet. Was haben Sie als Pionier für attraktive Printanwendungen besser verstanden als viele andere Marketing-Strategen?

Rafi Albo (CEO SEGMARKETING): Alle sagen: Das Internet killt Print. Ich hingegen zeige vielfältige Möglichkeiten auf, wie Print mit der richtigen Technologie mit dem Internet verknüpft werden kann – mit dem Ziel, gedruckte Produkte wieder sexy zu machen.

Was Sie mit Ihrer Firma Segmarketing ja schon vor der Einführung von Augmented Reality gemacht haben...

…ja, denn mein Ziel war es immer, die Leute mit attraktiven Printerzeugnissen zu faszinieren. So habe ich vor vielen Jahren mal eine Broschüre entwickelt, bei der Quizfragen mittels Herausziehen einzelner Papierkomponenten wie bei einem mechanisch verschlossenen Safe beantwortet werden mussten und die sich nur bei korrekten Antworten öffnen liess. Oder neulich habe ich in Brasilien gesehen, wie ein kreativer Drucker für eine Kaffeeverpackung die Titelseite einer Zeitung vom gleichen Tag gewählt hat, um den Konsumenten am Point of Sale zu beweisen, wie frisch sein Kaffee ist. Ich glaube eben an Best Customers Marketing. Deshalb müssen wir proaktiv auftreten – will heissen: Print muss offensiv agieren. Wie sagt man doch im Sport: Mit offensiver Strategie gewinnt man die Meisterschaft, nicht mit defensiver.

Können Sie das etwas detaillierter ausführen?

Offensiv mit vernetztem Print agieren, heisst meiner Ansicht nach zweierlei.

Erstens: Drucker müssen jederzeit gute, kreative Beispiele zur Hand haben, um diese ihren Auftraggebern auch zeigen zu können.

Zweitens: Drucker müssen neue Technologien, neue Lösungsansätze, neue Ideen miteinbeziehen. Mein Tipp hierfür lautet: Beginne bescheiden, setze aber hohe Ziele und schreite schnell voran. Jeder Drucker, der diese Grundsätze beachtet, wird mehr Geld verdienen – das steht für mich ausser Frage.

Rafi Albo gilt als «Globaler Guru des vernetzten 1:1-Marketings».

Für Ihre auf innovative Augmented- und Virtual-Reality-Lösungen spezialisierte Firma SEGMARKETING haben Sie das Motto «Wenn Kreativität auf Daten trifft» kreiert. Was meinen Sie damit?

Letztlich ist alles eine Frage von Kreativität, Daten, Technologie – und Print. Ich habe mich auf Mixed-Reality-Anwendungen spezialisiert, bei denen physische Printprodukte in gehaltvollen digitalen Inhalt umgewandelt werden. 2D-, 3D- und 360-Grad-Animationen von Druckprodukten auf Smartphones oder Tablets vermitteln einen fantastischen WYSIWYG-Effekt: «What You See Is What You Get.» Und dabei steht am Anfang all dieser Applikationen immer Print. Wir brauchen kein Facebook oder YouTube, um die Videos den Konsumenten zu vermitteln, wir vermitteln den Wiedergabeeffekt direkt ab dem Druckprodukt.

Das finnische IT-Unternehmen Robust North, mit dem SEGMARKETING geschäftlich verbunden ist, hat mit Arilyn eine neue, revolutionäre Augmented-Reality-Lösung entwickelt. Inwiefern hebt sich Arilyn von konventionellen AR-Applikationen ab?

Arilyn ist im Gegensatz zu früheren, wegen ihrer Grösse oft schwerfälligen Augmented-Reality-Lösungen deshalb so besonders und erfolgreich, weil es auf den heutigen schnellen Smartphones in wenigen Sekunden downgeloadet werden kann. Die Handhabung ist sehr einfach. Wir geben den Druckereien die Lizenz, und sie können die Applikation danach selbstständig anwenden – alles läuft über Drag&Drop-Schnittstellen und ist Cloud-basiert.

Sie sprechen von Druckereien: Ist die Basis für Ihre Online-Anbindungen ausnahmslos Print?

Erstens: Ich mache nicht «nur» Online, weil ich von On-Life-Anwendungen überzeugt bin, bei denen Online mit dem richtigem Leben verbunden wird. Zweitens: All meine Lösungen funktionieren tatsächlich nur in Kombination mit Print und Real Live. Wir entwickeln die Basis-Ideen und Konzepte und geben diese an Drucker weiter. Wir offerieren auch «Powered-by-Arilyn»-Modelle, die Druckereien wiederum ihren Kunden anbieten können. So können diese beispielsweise mit eigenen Apps 360-Grad-Videos-Links mit einem Wettspiel kombinieren, bei dem die Leser sogleich sehen, ob und welchen Preis sie gewonnen haben. Dank unserer neuen Technologie kann Arilyn nicht nur «flache» Bilder, sondern auch Informationen auf Flaschen oder zylindrischen Verpackungen lesen und in Videos umwandeln.

Auf Augmented Reality folgte Virtual Reality. Welche Vorteile bringt Virtual Reality in Kombination mit Print?

Virtual Reality und 360-Grad-Videos sprengen den rechteckigen Rahmen, den ein Smartphone oder ein Tablet setzt, und ermöglichen eine neue, kreiselförmige Form des Storytellings in einer 360-Grad-Dimension. So haben wir beispielsweise 250 verschiedene Plätze auf der ganzen Welt aufgenommen. Ein Drucker braucht lediglich die Lizenz von uns, und schon können die Leser seiner Printprodukte mit dem Smartphone einen exklusiven Helikopter-Rundflug über Rio de Janeiro, New York oder Dubai vornehmen – dank einer am Smartphone befestigten Spezialbrille gar im 3D-Format. Oder wir haben ein anderes Angebot, bei dem Kinder eine abgedruckte Autokarosserie mit Farbstiften bemalen und dieses danach kurz mit dem Handy ablichten können – schon beginnt das persönliche Auto dreidimensional zu fahren und kann sogar an einem Rennen teilnehmen.

Wird Virtual Reality die Printindustrie in Zukunft weiter verändern – und wenn ja: in welche Richtung?

Virtuelle Anwendungen werden die grafische Industrie zwar nicht komplett verändern. Aber ich bin überzeugt, dass VR, AR und MR (Mixed Reality) die Nachfrage nach neuen Printformen und damit auch die Verdienstmöglichkeiten von Druckern vergrössern wird. Und zwar in allen Segmenten – Zeitungen, Zeitschriften, Werbekatalogen, Direct-Mail, Etiketten und Verpackungen. Denn MR gibt Druckprodukten einen Mehrwert, von dem Leser, Konsumenten und damit auch die Werbetreibenden profitieren.

Warum ist es Ihrer Ansicht nach so wichtig, Print und Mobile-Devices miteinander zu kombinieren?

Weil ohnehin schon alles miteinander verbunden ist – also ist es doch nur eine logische Entwicklung, dass auch Print mit elektronischen Medien verknüpft wird. Ich sehe keinen Grund, warum Print «dumm» bleiben sollte, wenn es doch so intelligente Anwendungsmöglichkeiten gibt.

Sie sprechen in diesem Zusammenhang von «Connected Print». Was verstehen Sie darunter konkret?

Ich unterscheide bei Print-Anwendungen zwei Kategorien.
Einfache Klicks: statische Printprodukte, nur aus Papier und Druckfarbe bestehend – das ist für mich wenig interessant, denn das haben alle.
VIP-Klicks: Printprodukte, die ein verstecktes Erlebnis vermitteln und das Einfallstor sind für eine unverschlüsselte digitale Erfahrung  – sie machen den Unterschied aus, denn sie bieten einen echten Mehrwert. VIP-Klicks sind Druckprodukte, die mittels Apps oder Clouds IOT-fähig sind, also vernetzt mit dem Internet Of Things.

Je mehr VIP-Klicks-Jobs generiert werden, desto mehr Produkte im höheren Preissegment können Drucker verkaufen und desto besser sind dann wiederum ihre Margen. Ein ideales Einstiegsmittel ist Best Customer Marketing: Alle bekannten Marken haben ihre VIP-Kunden, die für einen beträchtlichen Teil des Umsatzes sorgen. Aus Marktanalysen wissen wir, dass 5 bis 7 Prozent der Kunden 30 bis 40 Prozent des Profits erwirtschaften, die Top-10-Kunden machen gut 50 Prozent des Profits aus.

Inwiefern sind gerade Top-Marken prädestiniert für Mixed-Reality-Applikationen?

Für Markenartikler sind emotionale Anbindungen und das Vermitteln von Erfahrungen besonders wichtig, um sich von ihren Mitbewerbern abzuheben. Darum wird das Erzählen einer Geschichte auch für Anzeigenkunden immer wichtiger. Wenn ein statisches Bild in einer Zeitung oder ein Poster via Smartphone zum Leben – will sagen: zu bewegten Bildern mit einer guten Idee und einem hochqualitativen Inhalt – erweckt wird, dann generiert dies einen echten Mehrwert. Deshalb sind Drucker und Markenartikler die Hauptansprechpartner meiner Mixed-Reality-Applikationen.

Die Applikation ist das eine, eine auf die Leser und Kunden zugeschnittene Präsentation das andere. Wie wichtig ist der richtige Inhalt bei AR, VR und MR?

Die beste Technologie ist wertlos ohne Inhalt. Darum sind die richtigen Ideen und eine hohe Kreativität wichtige Eckpfeiler meines offensiven Denkens. Denn Kunden sind Menschen, keine Nummern in irgendwelchen Excel-Tabellen, und sie schätzen persönliche Aufmerksamkeit. 99 Prozent aller Drucker verfügen über einen nahezu identischen Maschinenpark. Deshalb sind Ideen zum wichtigsten Kapital nicht nur in der Marketingkommunikation, sondern auch in der grafischen Industrie geworden.

Dann sehen Sie also solche Animations-Elemente in Zeitungen und Magazinen neben dem redaktionellen Teil auch als Chance für Anzeigenkunden?

Ja, klar. Denn klassische Anzeigen sind langweilig. Wir waren uns lange Zeit gewohnt, erst den Text zu lesen, dann die Bilder anzuschauen, und später haben wir auch noch Videos entdeckt. Jetzt haben wir eine Möglichkeit, all dies zu kombinieren und in 360-Grad-Videos spannende Geschichten zu erzählen. Das ist für redaktionelle Inhalte ebenso interessant wie für Werbekunden.

Werden sich AR, VR und MR in Kombination mit Print in Zukunft also verstärkt Richtung Marketing entwickeln, oder behalten sie auch weiterhin ihren Status als Fun-Element?

Ob Unterhaltung, Spiele, Marketing, Verkauf, Nachrichten, Bildung oder Verpackungen – ich sehe in allen Bereichen unendlich viele Anwendungsmöglichkeiten. Ohne Zweifel werden solche Applikationen insbesondere auf Etiketten und Verpackungen zunehmen – wegen des hohen Stellenwerts des Points of Sale und des scharfen Wettbewerbs der Produzenten.

Halten Sie Online- und On-Life-Elemente auch für probate Mittel, mit denen gedruckte Tageszeitungen oder Magazine den Auflagenrückgang bekämpfen können?

Zweifellos. Denn so können die Herausgeber ihren Lesern deutlich mehr bieten. Ich bin sicher, dass attraktive Applikationen gerade für Zeitungen an Bedeutung gewinnen werden, denn wir stehen hier erst am Anfang einer grossen Entwicklung. AR und Storytelling mittels 360-Grad-Videos bieten eine Menge Möglichkeiten für die Druckindustrie und für die Art und Weise, wie Leser – oder sollten wir sie nun Betrachter nennen? – sie konsumieren.

Die Verwendung von AR, VR und MR ist das eine, die Leute aber auch tatsächlich zum interaktiven Handeln zu bewegen, das andere. Was halten Sie für die beste Methode, die Leute dazu zu bringen, ihr Smartphone zu aktivieren?

Die Antwort auf diese Frage ist einfach: Man muss – wie vorhin erwähnt – mit interessanten Inhalten und richtigem Storytelling das Interesse der Leser wecken. Dann nehmen die Leute automatisch ihr Smartphone zur Hand.

Sind Print/Multimedia-Kombinationen eher etwas für jüngere, Smartphone-affine Leute, oder sehen Sie auch ein Potenzial für die ältere Generation?

Natürlich nutzen vorwiegend jüngere Leute Smartphones. Doch es wäre für Zeitungs- und Zeitschriften-Herausgeber sowie Werbetreibende ein grosser Fehler, sich mit solchen Applikationen nur auf Jüngere zu konzentrieren.

Und wohin führt der Weg von Print/Online-Kombinationen Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren?

Die Entwicklung wird weitergehen – und zwar rasant. In der grafischen Branche entsprechen zwei Jahre von heute sieben Jahren von früher. Die Anwendungen werden noch komplexer. Nach Augmented Reality und Virtual Reality steht bereits die nächste Evolution vor der Tür: Mixed Reality, das die reelle Welt mit einer virtuellen Realität vermischt.

Als Visitenkarte gibt Rafi Albo jeweils diese aus Holz kreierte Kassette ab und pflegt ironisch anzumerken: «Ohne innovative Ideen verschwinden Sie eines Tages genauso vom Markt wie Audiokassetten»
 

Stichwort Rafi Albo

Rafi Albo ist 45 Jahre alt («eigentlich bin ich 25, dazu kommen noch 20 Jahre Berufserfahrung…»), Gründer und CEO der Firma SEGMARKETING mit Sitz in seiner Heimatstadt Tel Aviv (Israel), die seit 2000 erfolgreich Print und Online kombiniert. Er ist in der ganzen Welt tätig und besuchte in den vergangenen vier Jahren Drucker, Agenturen und Markenhersteller in nahezu 50 Ländern.

Mit SEGMARKETING ist Rafi Albo auch an anderen Firmen beteiligt – so als Global Marketing & Business Development Director von Arilyn. Rafi Albo ist ausserdem Global Ambassador to the Printing Industrie of www.augmentedworld.org, der grössten Organisation von Augmented und Virtual Reality im Silicon Valley, die im vergangenen Juni in Santa Clara eine von 5500 Leuten besuchte Konferenz abhielt.

Segmarketing bietet Druckern in aller Welt ein Lizenz-Upgrade der Arilyn-Plattform und & der Ohzi Coloring App.

Kontakt:
rafialbo@segmarketing.com
www.segmarketing.com
www.arilyn.fi