13.11.2024

Gedruckter Roadtrip

«Curves» ist ein Automagazin, das gänzlich ohne Autos auskommt. Sein Gründer Stefan Bogner erzählt, wie aus einer Schnapsidee ein hochwertiges und am Markt erfolgreiches Printprodukt wurde, das bis dato bei einer verkauften Auflage von über 500'000 Exemplaren steht.
 
Stefan Bogner studierte Industrial Design und entwarf zunächst Platten- und CD-Cover für die internationale Musikszene. 1994 gründete er gemeinsam mit zwei Partnern das Designbüro fpm factor product münchen, das unter anderem für Markenunternehmen wie Porsche, Alois Dallmayr, MairDumont oder den Bayerischen Rundfunk tätig war. Viele der dort entstandenen Arbeiten wurden mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. 2016 erfolgte die Gründung von Stefan Bogner Creative Studio mit Sitz in München, wo sich der Inhaber hauptsächlich mit den Branchen Automotive, Sport, Travelling, Food und Hospitality befasst.


 
Seit 2011 veröffentlicht Bogner daneben das Magazin «Curves – soulful driving», launchte den Automotive-Blog und begann ausserdem selbst fotografisch zu arbeiten. Die Idee, ein Magazin wie «Curves» zu produzieren, entstand während seines zehnjährigen Engagements für MairDumont. Für den Fachverlag gestaltete Bogner Reiseführer unter anderen aus den Reihen DuMont und Marco Polo.

 

© Stefan Bogner
Die Strasse ist der Star
Damals machte er zwei entscheidende Beobachtungen. Zum einen stellte er verschiedensten Leuten immer wieder die Frage: Was waren eure besten Urlaube? Genannt wurden dann besonders häufig Roadtrips. «Und die macht man natürlich auf einer Strasse. Viele wollen unbedingt den Highway Number One in Kalifornien fahren, andere die Strasse über das Stilfser Joch oder die Route des Grandes Alpes in Frankreich.» Aber auch er selbst war mit seinen alten Autos oft in den Bergen unterwegs und war daher immer auf der Suche nach einschlägigen Reiseführern. «Ich dachte, wenn es das nicht gibt, mache ich das selber. Ein Reisemagazin, in dem die Strasse die Sehenswürdigkeit ist.»
 
Die einzelnen Ausgaben von «Curves» widmen sich immer einem Land und folgen thematisch meist einer Strecke. Im Heft «Norditalien» beispielsweise beginnt sie am Stilfser Joch und endet in Venedig. Das Motto der Österreich-Ausgabe lautet wiederum «Von Triest nach Reutte». Vorgestellt werden mehrere Routen darunter bekannte Gebirgsstrassen (beispielsweise die Grossklockner-Hochalpenstrasse) und eine Reihe von Passübergängen (Gerlos, Brenner). Bis Ende 2023 sind 24 Ausgaben erschienen, weitere werden gerade produziert.
«Du hast ein gutes Auge»
Als Herausgeber zeichnet Stefan Bogner für die gesamte Produktion verantwortlich. Neben Themenauswahl, Recherche, Layoutgestaltung und Typografie liefert er auch sämtliche Fotos. «Das hat sich so ergeben, da ich zu Beginn kein Budget dafür hatte. Fotografen mit denen ich als Designer zusammengearbeitet habe, sagten dann: Du hast ein gutes Auge, mach es doch selber.»
 

© Stefan Bogner
Heute wird er auch als Fotograf wahrgenommen, der unter anderem schon bei Leica hat ausstellen dürfen. Nur für das Schreiben der Texte beschäftigt er zwei Autoren. Für Distribution (Buchhandel, Online) ist der Delius-Klasing Verlag zuständig.
 
«Curves» ist für alle da
Auf die Frage nach der Zielgruppe verweist Bogner auf den Spruch «Die Strasse ist für alle da». Dementsprechend gehören zu den Lesern Menschen jedes Alters mit jedem Fahrzeug – ob Rad, Motorrad oder Auto – und das weltweit, weil das Magazin zweisprachig ist. Die Startauflage beträgt jeweils 10'000 bis 20'000 Stück, inzwischen hält man insgesamt bei über 500'000 verkauften Exemplaren.
 
Gedruckt wird in einer lokalen Druckerei in Deutschland. Dem Magazin wird auch eine Landkarte beigelegt, auf der sich eine QR-Code befindet, der für die Route auf eine passende Playlist verlinked. «Es gibt heutzutage kaum ein so hochwertig produziertes Magazin mit 300 Seiten für 20 Euro», ist Stefan Bogner überzeugt. Die Verlinkung zur digitalen Welt sei zwar wichtig (insbesondere mit Instagram) – aber: «Print lebt einfach!»
Das ist eine Superidee!
Neben der Qualität des Produktes – sowohl den Inhalt als auch die Ausstattung betreffend – sieht der Herausgeber einen weiteren Grund für den wirtschaftlichen Erfolg von «Curves»: Seit Ausgabe 3 besteht eine Partnerschaft mit dem Autohersteller Porsche. Wobei er anfangs auf der Suche nach Kooperationspartnern und Verlagen auf ziemliche Skepsis gestossen war, was die Erfolgsaussichten des Magazins betraf.

© Stefan Bogner
«Jeder hat gesagt, das Magazin besetzt eine Nische, das wird sich nicht verkaufen, das ist uns zu risikoreich. Auch bei Porsche bin ich erst beim dritten Anlauf auf jemanden gestossen, der gesagt hat: Das ist eine Superidee», berichtet Bogner. Inzwischen hat er für den Autohersteller ausserdem 20 hochwertige Bücher (unter anderen das Porsche-918-Spyder-Buch) produziert und in einigen Städten unter dem Namen «Curvistan» Concept Stores inklusive Cafés und Kunstgalerien gestaltet – zuletzt in Bangkok.
 
Sein Fazit lautet: «Es ist interessant, was aus einer Schnapsidee entstehen kann. Wenn man daran glaubt, dranbleibt und nicht ganz blöd ist, macht es schon Sinn, so ein Produkt zu entwickeln. Dass es aber so gut funktioniert, hätte ich auch nicht gedacht.»
 
Bilder copyright: Stefan Bogner