19.12.2023 / Frank Baier

Kommunikation als Einbahnstrasse?

Kreative aus der Agenturbranche und der Druck-Weiterverarbeitung sprachen darüber, wie Grafikdesign und dem Handwerk besser „zueinander finden“ könnten.
 
Seien es „nur“ einfache Bücher als auch Broschuren, intelligent konstruierte Boxen und Etuis, Schachteln und Schuber, oder ganz komplexe Projekte rund um Packaging und Print: Nicht immer setzen die Beteiligten wie Kreativschaffende und Print-Dienstleister, Werbeagenturen und Buchbindereien auf eine klare Kommunikation bei der Ausführung der oft kleinteiligen „Jobs“. Vielfach herrschen auffällige Wissenslücken und Informationsdefizite sowie unnötige Verständigungsprobleme, es wird entlang des Workflows und der Wertschöpfungskette aneinander vorbei geredet. Jüngst brachte diese Problematik einige Experten aus den Bereichen Weiterbildung, Grafikdesign, Werbeagentur und Buchbinderei zur gemeinsamen Diskussion darüber an einen Tisch.
 
Vielfach fehlendes Interesse
Sachbezogen moderiert von Christine Merkel-Köppchen, Inhaberin Buchwerkstatt Rheinhessen (Gau-Odernheim), entwickelte sich am Rande einer Zulieferer-Open house in Hamburg im Frühjahr 2023 ein interessantes Fachgespräch.
Soraya Kuehne und Max Kuehne, Inhaber der (Handwerks-) Buchbinderei Begemann GmbH und der Paperlux GmbH (Hamburg), wollen mit moderner Corporate Identity, einer in Deutsch und Englisch verfassten Homepage sowie eigenen Accounts in Social Media die jüngere Klientel auf Kreativität im Print-Handwerk aufmerksam machen. „Denn nicht jeder weiss heute, wie ein Buch produziert wird. Deswegen versuchen wir das jungen Leuten beizubringen“, erklärt Max Kuehne. Dafür können sich Soraya Kuehne und Max Kuehne auf 17-jährige Erfahrung mit der Werbeagentur Paperlux stützen sowie auf langjährige Zusammenarbeit mit der Buchbinderei Begemann, die sie im Jahr 2020 übernehmen durften. Yannick C. W. Teoh ist im dritten Jahr selbstständig und Dozent für Typografie und Text, Design Factory International (Hamburg), und bestätigt, dass heute junge Leute offensichtlich mehr Interesse an elektronischen Medien als am konventionellen Handwerk mit Papier, Karton, Pappe & Co. zeigten.
 
Reibungspunkt Terminfenster

Aktuell ist Holger Warnecke, Co-Geschäftsführer Buchbinderei Warnecke GmbH & Co. KG (Broderstorf bei Rostock), der Vertreter der fünften Generation des Handwerks- und Industriebetriebes: „Leider haben Dozenten und Studenten kein ‚akutes‘ Verständnis für Print. Dabei muss doch die Qualität der zu gestaltenden Objekte im Fokus stehen.“ Bekanntermassen wären Diskussionen über Terminfenster bei der Weiterverarbeitung oft „Reibungspunkte“. Letztlich würde die „Schuld“ bei Reklamationen fast immer den Buchbinder oder den Logistiker treffen. „Handwerkliche Projekte sind normalerweise nicht im 24/7-Rhythmus wie in der digitalen Welt fertigzustellen“, gibt Holger Warnecke zu bedenken. Momentan würde die Kommunikation über Print-Jobs eine sprichwörtliche beiderseitige Einbahnstrasse darstellen, man würde gewöhnlich viel zu oft aneinander vorbei fahren.

„Wir liefern erst ganz zum Schluss, wenn das Projekt schon fertig ist“, erklärt Markus Menzel, Co-Geschäftsführer Schmedt GmbH & Co. KG (Hamburg). Manchmal werde beim Fachgrosshandelshaus ein Material angefragt und daraufhin bemustert – und kurz darauf wäre der Zulieferer schon nicht mehr in den Entscheidungsprozess integriert. Meist würde der genaue Verwendungszweck des Materials vom Auftraggeber nicht genannt, sodass es bei Schmedt wegen fehlender Informationen mitunter zu Reklamationen käme. Deshalb möchte man bei Schmedt in Zukunft das bestehende „Konvolut von Informationen in Kommunikation ummünzen“, steht für Markus Menzel fest.
 
Gegenseitige Informationen
Yannick C. W. Teoh, Design Factory International, empfiehlt als Resümee aus manchem Dilemma: „lieber aufeinander zugehen und fragen“. Bereits vor der Auftragserteilung gelte es, auf schlüssige Kommunikation zu setzen, meinen etwa auch die Paperlux-Inhaber. Soraya Kuehne rät den Beteiligten eines Auftrags, „Kunden immer an die Hand zu nehmen und Kunden mitzuteilen, was konkret beim Auftrag passiert“. Natürlich ist nach der Ansicht der meisten Akteure der Diskussion eine gegenseitige Information über Voraussetzungen und Wechselwirkungen von Materialien und Technologien sowie eine gegenseitige Abstimmung über die erforderliche Reihenfolge der einzelnen Prozessschritte von Bedeutung. Demnach könnten Informationsdefizite und Verständigungsprobleme verringert und Kommunikation als Einbahnstrasse ausgeschlossen werden.
 
 
Frank Baier
Chefredaktion bindereport
 

19.12.2023 Frank Baier Chefredakteur «Bindereport»