Wenn Retailer auf Printwerbung verzichten, riskieren sie, dass bei ihnen weniger eingekauft wird. Zu dieser interessanten Schlussfolgerung kommt eine aktuelle Befragung des Handelsforschungsinstituts IFH Köln. Was diese auch noch ergab: Die Zahl der befragten Deutschen, die mindestens gelegentlich gedruckte Prospekte lesen, stieg in den vergangenen drei Jahren von 92 auf 95 Prozent.
Gross war das Stirnrunzeln in der grafischen Branche, als 2022 die Baumarktkette Obi verkündete, inskünftig auf Printwerbung zu verzichten. Und als ein Jahr später die Supermarktkette Rewe den gleichen Schritt verkündete, wurden die Sorgenfalten der Druckindustrie noch grösser. Womit die beiden grossen Retailer möglicherweise nicht gerechnet haben: Viele Kund(inn)en sehen den Wegfall der Printwerbung negativ.
Denn gemäss dem neusten Prospektmonitor von
IFH MEDIA ANALYTICS, der Rezeptionsweisen von Prospekten analysiert und auf einer im vergangenen Februar durchgeführten repräsentativen Befragung von 1000 Menschen aus unterschiedlichen Haushaltsgrössen und mit verschiedenen Nettoeinkommen in Deutschland basiert, vermissen 52 Prozent der Leute, die früher regelmässig Prospekte gelesen haben, die Printwerbung. Nur ein Viertel beurteilt die Abschaffung als positiv.
95 Prozent lesen mindestens gelegentlich gedruckte Prospekte
62 Prozent finden, dass sie nun weniger Informationen von den entsprechenden Anbietern erhalten – und sie kaufen dort jetzt teilweise sogar weniger ein (45 Prozent). Knapp die Hälfte liest nun mehr Prospekte von anderen Anbietern. 45 Prozent lehnen alternative, digitale Kanäle eher ab, weil sie deren Nutzung als zu kompliziert empfinden. Kein Wunder diskutieren andere Händler, die OBI und Rewe gefolgt sind, über die Wiedereinführung von Print-Werbung.
Welche Bedeutung gedruckte Prospekte – die gemäss der Umfrage 87 Prozent als gemütlich und entspannt wahrnehmen – haben, verdeutlicht eine Zahl aus dem neusten Prospektmonitor: 95 Prozent der befragten Deutschen (das sind sogar 3 Prozent mehr als vor drei Jahren!) lesen mindestens gelegentlich gedruckte Prospekte, 78 Prozent (2 Prozent mehr als 2022) tun dies wöchentlich. Zwar steigt wegen der verstärkten Verbreitung von Apps die Intensivnutzung von Online-Prospekten mit 66 Prozent wöchentlicher Nutzung. «Der maximale Nutzerkreis stagniert jedoch, da die Zahl der gelegentlichen Nutzer auf recht hohem Niveau nahezu gleichbleibt (2025: 86 Prozent / 2024: 87 Prozent)», schreibt IFH MEDIA ANALYTICS in einer Medienmitteilung.
Schnäppchen, Sparen, Wocheneinkauf planen
Und warum lesen die Konsument(inn)en Prospekte? In erster Linie, um Schnäppchen zu entdecken (Print: 64 Prozent / Online: 52 Prozent) und um beim Einkaufen zu sparen (Print: 56 Prozent / Online: 51 Prozent). Fast jede(r) zweite Deutsche (47 Prozent) nutzt zudem gedruckte Werbung gezielt für die Wocheneinkaufsplanung. Das ist ein starker Anstieg im Vergleich zu 2016 (26 Prozent). Online-Prospekte spielen in diesem Bereich mit 36 Prozent eine deutlich geringere Rolle.
Kein Wunder gibt rund die Hälfte der Verbraucher(innen) an, von der Einstellung gedruckter Prospekte persönlich betroffen zu sein. Nicht zuletzt deshalb sind gemäss dem neusten Prospektmonitor die Wiedereinführungen gedruckter Prospekte Teil der aktuellen Marktdynamik. So hat knapp ein Drittel der Verbraucher(innen) bereits erlebt, dass ein zuvor eingestellter Prospekt wieder verteilt wurde. 63 Prozent unter ihnen bewerten die Wiedereinführung positiv. Und für rund die Hälfte (47 Prozent) hat sich die Möglichkeit, gute Angebote zu finden, dadurch verbessert.
Hybridnutzung als vorherrschendes Modell
«Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass gedruckte Prospekte trotz aller Digital-Euphorie nach wie vor ein fester Bestandteil im Alltag der Konsument(inn)en bleiben. Ihre enorme Reichweite sorgt dafür, dass sie in nahezu jedem Haushalt ankommen», sagt Andreas Riekötter, Geschäftsführer IFH MEDIA ANALYTICS. «Zudem sehen wir, dass auch Anbieter-Apps, die ja die grössten Zuwächse unter den Online-Medien verzeichnen, Prospekte nicht ersetzen. Die meisten Nutzer(innen) nutzen die Kanäle parallel – und diese Hybridnutzung wird auch in Zukunft das vorherrschende Modell der Angebotskommunikation sein.»