Nachdem es lange so ausgesehen hatte, als würden sich die grafischen Betriebe in China weiterhin auf konventionelle Fertigungsverfahren fokussieren, wuchs in jüngster Zeit der chinesische Digitalmarkt schnell. In diesem Blog erzählt Ihnen Sven Olsen, Managing Director der Region Asia Pacific bei Müller Martini, warum dieser Wandel auch für ihn überraschend kam, welche Gründe es für diese Entwicklung gibt und wie Müller Martini darauf vorbereitet ist.
Bis vor 12 bis 18 Monaten waren die meisten digitalen Produktionsanlagen in China – von wenigen Ausnahmen abgesehen – «Show-Linien». Was ich damit meine: Im Grunde genommen handelte es sich dabei um Anlagen, die Kunden installierten, um behaupten zu können, dass sie im Digitaldruckgeschäft tätig sind. Die meisten dieser Anlagen wurden nicht kommerziell betrieben. Das änderte sich in letzter Zeit jedoch rasant. Heute sehen wir, dass viele unserer konventionellen Kunden eiligst versuchen, herauszufinden, wie sie eine kommerzielle Digitaldruckproduktion aufbauen können.
Ein erster Höhepunkt: Open House bei Shengda Print Technology in Yongcheng
Vor Kurzem nutzten wir gleich zwei ausgezeichnete Möglichkeiten, um die einzigartigen Smart-Factory-Lösungen von Müller Martini live präsentieren zu können. Ein erster Höhepunkt war das gemeinsame Open House mit HP bei unserem digitalen Leuchtturm-Kunden Shengda Print Technology in Yongcheng. Das zu den grössten kommerziellen Druckereien in China gehörende innovative Unternehmen hatte sich auf der letzten drupa für eine Grossbestellung – bestehend aus einem digitalen Buchblock-Produktionssystem
SigmaLine Compact mit
Klebebinder Antaro, je zwei Sammelheftern
Primera PRO und
Prinova Digital sowie zwei
Plowfolder-Buchlösungen PF7 von Hunkeler – entschieden. Damit treibt es seine digitale Transformation in vollem Tempo voran.
Wir nutzten die einmalige Gelegenheit, unsere mittlerweile bei Shengda Print Technology installierten einzigartigen Smart-Factory-Anwendungen anlässlich des Open Houses in Yongcheng 130 chinesischen Kunden live zu präsentieren. Zwar sahen viele von ihnen unsere innovativen Lösungen nicht zum ersten Mal live. Aber für die meisten war es die erste Möglichkeit, unsere Smart-Factory-Anlagen in einer Produktionsumgebung und nicht auf einer Messe zu erleben. Entsprechend gross war das Interesse an unseren Maschinen – und insbesondere an unserem
Workflow-System Connex, das für einen effizienten Produktionsablauf möglichst ohne händische Eingriffe entscheidend ist.
Die Besucher des Open Houses schätzen es sehr, dass wir uns in den Gesprächen mit ihnen die Zeit nahmen, gemeinsam mit ihnen herauszufinden, was sie produzieren möchten (was sie nicht immer wissen) und ihnen danach die am besten geeigneten Lösungen von Müller Martini und Hunkeler aufzuzeigen. Aufgrund der viele Kontakte sind wir zuversichtlich, dass unser Geschäft in den kommenden Monaten davon profitieren wird.
Ein zweiter Höhepunkt: China Print in Beijing
Nahezu alle Open-House-Besucher trafen wird dann auch wieder auf unserem Stand an der fünftägigen China Print in Beijing – dem zweiten Höhepunkt dieses Frühlings. Aus unserer Sicht war es eine überaus erfolgreiche Messe. Besonders die reibungslosen Live-Vorführung der variablen Buchproduktion auf der SigmaLine Compact/Vareo PRO/InfiniTrim-Linie beeindruckte die Besucher.
Die auf unserem Stand präsentierten Maschinen waren bereits vorverkauft und werden in den kommenden Wochen bei Kunden in China installiert. Zum eigentlichen Verkaufsschlager wurde im Beijing China International Exhibition Center die von uns ebenfalls live vorgestellte Hunkeler
Gen8. Gleich vier Kunden entschieden sich für eine Investition in die mit ihrer Höchstleistung überzeugenden Rolle-Stapel-Lösung.
Grosse Freude bereitete mir auch eine Sonderveranstaltung auf der Messe für eine Gruppe von Studenten des Beijing Institute of Graphic Communication. Wir brachten sie hautnah auf den neuesten Stand in der digitalen Druckweiterverarbeitung. Für mich war das ein schöner Beweis für das neu entdeckte Interesse jüngerer Menschen an unserer Branche.
Ich war selbst überrascht
Nachdem es lange so ausgesehen hatte, als würden sich die grafischen Betriebe in China weiterhin auf konventionelle Fertigungsverfahren fokussieren, wurden wir in jüngster Zeit also eines Besseren belehrt. Offen gesagt war ich selbst überrascht, wie rasant diese Entwicklung voranschritt.
Der Wandel wurde meiner Ansicht nach primär durch zwei Entwicklungen ausgelöst. Erstens begannen die Verlage, ihre Bestellmengen zu reduzieren und häufiger zu bestellen, um ihre Lagerbestände zu begrenzen. Zweitens stelle ich fest, dass kleine und mittlere Druck- und Weiterverarbeitungsbetriebe damit kämpfen, kleinere Auflagen auf ihren konventionellen Anlagen zu verwalten. Diese Kleinauflagen werden nun auf Digitaldruck umgestellt und bei Digitaldruckspezialisten wie Yongcheng Shengda gebündelt.
Während rund 15 Prozent der in China hergestellten Druckprodukte exportiert werden, werden die digital hergestellte Printerzeugnisse nahezu ausschliesslich für den heimischen Markt produziert. Die Palette ist sehr unterschiedlich und reicht von Jahresberichten über Broschüren, ausländische Buchtitel und Kataloge bis hin zu Lehrbüchern (insbesondere für den Nachmittagsunterricht).
Wir sind auf den Wandel bestens vorbereitet…
Müller Martini China ist auf den digitalen Wandel bestens vorbereitet – sowohl bezüglich Technologie als auch Vertrieb. Wir haben eine Reihe von Mitarbeitenden, die sich bezüglich unserer Smart-Factory-Lösungen mittels interner Schulungen, Kundenkontakten und Learning-by-doing ein grosses Know-how angeeignet haben.
Zwar zeigte die China Print auf, dass es auf dem chinesischen Markt viele kostengünstigere Lösungen für die digitale Druckweiterverarbeitung gibt. Müller Martini und Hunkeler sind vielleicht nicht die Lösung, die sich jeder leisten kann. Wir müssen deshalb weiterhin dafür sorgen, dass wir die Lösungen bieten, die alle Kunden haben und nutzen wollen.
…und beobachten die Entwicklung genau
Auch wenn der digitale Markt wächst, so wird die konventionelle Fertigung in China weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Unsere Kunden haben nicht nur viele Aufträge im hohen Auflagenbereich, die auf konventionellen Anlagen effizienter produziert werden können. Sondern es wird auch einen anhaltenden Kampf zwischen den digitalen und konventionellen Produktionslinien geben, bei welcher Auflagenhöhe man von der einen zur anderen Produktionsart wechselt.
«Wie wird sich der grafische Markt in China in den nächsten fünf bis zehn Jahren entwickeln?», werde ich oft gefragt. Nachdem ich mich schon mit meiner Prognose bezüglich Digitalmarkt geirrt habe, werde ich mich davor hüten, vorherzusagen, wo wir in fünf bis zehn Jahren stehen werden. Aber eines ist klar: Wir beobachten die Entwicklungen genau und versuchen, unseren neuen und bestehenden Kunden weiterhin das bieten, was sie an Anlagen und Dienstleistungen benötigen, um auf diesem Markt effizient zu bestehen.
Ihr,
Sven Olsen
Managing Director, Region Asia Pacific Müller Martini