15.03.2022 / Knud Wassermann

Print macht gesund

In Zeiten der Pandemie haben speziell im Gesundheitsbereich «Fake News» stark zugenommen. Printmedien haben sich auch in dieser Sparte als widerstandsfähig erwiesen und werden von den Leser(inne)n als vertrauenswürdige Quelle eingeschätzt.

Niemals hatte Gesundheit in der Gesellschaft einen so hohen Stellenwert wie heute. Die Pandemie hat uns allen verdeutlicht, dass Gesundheit alles ist – und ohne Gesundheit alles nichts. Doch auch ohne Corona hat das Gesundheitsbewusstsein in Deutschland in den zurückliegenden Jahren deutlich zugenommen, das hat die deutsche Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung (GIK) im Health Report 2020 zutage gefördert. Im Vergleich zu den Ergebnissen aus dem Jahr 2013 sagen 37 Prozent der Befragten, dass sie sich häufig in den Medien über Gesundheit informieren. Das entspricht einer Zunahme von 5 Prozent.

Vertrauenswürdige Informationen
Interessant ist zudem das steigende Vertrauen in die Beratung durch Apotheker(innen). Das mag auch am stark gestiegenen Interesse an rezeptfreien Medikamenten in Deutschland liegen. Der zweite Gesundheitsmarkt umfasst freiverkäufliche Arzneimittel und individuelle Gesundheitsleistungen, Fitness und Wellness, Gesundheitstourismus – und verfügt je nach Abgrenzung alleine in Deutschland über ein Umsatzvolumen von rund 25 Prozent des 400 Milliarden Euro schweren gesamten Marktes. Alle Produkte und Dienstleistungen des zweiten Gesundheitsmarktes sind frei von Werberestriktionen.

Gerade am Anfang der ersten Corona-Welle fiel die Werbeindustrie in eine wahre Schockstarre. Doch in der Gesundheitskrise ging es bei Verlagen, die darüber berichten, hoch her. Insbesondere in Zeiten von Desinformation und «Fake News» suchen die Menschen nach vertrauenswürdigen Informationen. 

«Die starken Medienmarken stehen genau dafür: redaktionelle Umfelder, die verlässliche Informationen und hochwertige Qualität liefern und die damit markante Unterscheidungsmerkmale im intermedialen Wettbewerb sind», sagt Lutz Drüge, Geschäftsführer Print und Digitale Medien im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ).

Weniger digitalaffine Zielgruppen erreichen
Um sich von der Bedeutung des Marktes zu überzeugen, reicht ein Gang zum Kiosk. Zeitschriftentitel mit dem Schwerpunkt auf Gesundheit, Lebensstil, Ernährung oder Fitness boomen. Fast jedes grosse Wochenmagazin, aber auch viele Tageszeitungen verfügen über eigene Rubriken oder Supplements zum Thema Gesundheit. Print hat sich – trotz fortschreitender Digitalisierung – gerade im Gesundheitssektor als widerstandsfähig erwiesen.

Ebenso wie die Funke Mediengruppe mit Gesund.de versucht auch Burda mit NetDoktor eine im Internet stark verankerte Marke um eine Print-Version zu erweitern. Der Verlag sieht darin eine Möglichkeit, auch weniger digitalaffine Zielgruppen zu erreichen und Schwerpunktthemen mit besonderem Tiefgang den nötigen Platz einzuräumen. 

Die im April 2021 erschienene Testausgabe hat gezeigt, dass die Marke NetDoktor auch in gedruckter Form eine hohe Akzeptanz erzielt. In Serie geht der Titel in diesem Jahr und soll vierteljährlich erscheinen. Das Magazin hat einen Umfang von 100 Seiten und wird mit einer Druckauflage von 100‘000 Exemplaren im Zeitschriftenhandel aufschlagen.

Hochwertiges Kundenmagazin von der Apotheke
Das Flaggschiff des Gesundheitsmarktes liegt jedoch nicht am Kiosk, sondern in den Apotheken. Seit 1956 erhält man dort als Kunde kostenlos die «Apotheken Umschau» des Wort & Bild-Verlags. 90 Prozent der rund 20‘000 Apotheken in Deutschland abonnieren das Magazin. Im Zuge dessen hat jede Apotheke die Möglichkeit, ihr Magazin zu individualisieren – etwa mit Logo oder Firmenstempel. So erhält sie ein hochwertiges Kundenmagazin, das medizinische Themen einfach und verständlich erklärt. 

Die zweiwöchentlich erscheinende «Apotheken Umschau» ist ein grosser Player im gesamten Zeitschriftenmarkt. Laut der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW) wurden im Betrachtungszeitraum März 2021 7,6 Millionen Exemplare verkauft, was einer Reichweite von 26 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren entspricht.

Andreas Vogel, Inhaber des Wissenschaftlichen Instituts für Presseforschung und Publikumsanalysen (WIP), der die deutsche Zeitschriftenlandschaft seit Jahren beobachtet, beschreibt die Lage folgendermassen: «Bezahlte Gesundheitsmagazine hatten es schon immer schwer, Käufer und Leser zu finden.» Da sie inhaltlich im Wettbewerb mit den kostenlosen Apothekenzeitschriften stünden, verschärfe sich die Lage. Denn die Blätter aus den Apotheken bieten eine hohe Qualität und seien unabhängiger als manche Kauftitel am Kiosk.

Mit 66 Jahren da fängt das Leben an
Die «Apotheken Umschau» wird, angelehnt an das deutsche Jugendmagazin «Bravo», oft als «Renter-Bravo» bezeichnet. Das 66-jährige Bestehen der Apotheken Umschau feierte der Wort & Bild-Verlag deshalb mit einer gewissen Portion an Selbstironie und veröffentlichte einen Teil der Ausgabe im typische Look der «Bravo». 

So gibt es eine Comic-Love-Story zwischen einem Apotheker und einer Kundin, auf dem Cover des Sonderteils ist Ärztin, Autorin und Schauspielerin Marianne Koch abgebildet und die Dr.-Sommer-Sprechstunde gibt Tipps für die Liebe. In einem «Star-Report zu Virus-VIPs» geht es unter anderen um den deutschen Bundesminister für Gesundheit Karl Lauterbach und den Virologen Christian Drosten.

Flaniermodus für regenerative Pausen
Wenn man bedenkt, wie sehr Gesundheit mit Werten wie Achtsamkeit, Vertrauen oder Entspannung verknüpft ist, überrascht es nicht, dass gerade Printprodukte in diesem Markt erfolgreich sind. Dementsprechend ist das Thema Gesundheit auch auf dem Buchmarkt stark vertreten. 

Schliesslich ist das Lesen auf Papier eine willkommene Unterbrechung, um den Alltagsstress hinter sich zu lassen. Dabei schaltet unser Gehirn in eine Art Flaniermodus und sorgt für regenerative Pausen.

Ihr
Knud Wassermann, 
Chefredakteur «Graphische Revue»

 
15.03.2022 Knud Wassermann Chefredaktor «Graphische Revue»